Hier ein sehr schöne und vor allem lustige Beschreibung des Fahrradtickets in Bayern von Albert Herresthal vom „Informationsdienst Fahrradwirtschaft“. Ausnahmsweise mal in voller Länge zitiert (weil es einfach so schön ist):
Wie führe ich eine gute Idee ad absurdum
Die besten Geschichten schreibt das Leben selbst und oftmals kommt die lustige Idee aus der Politik, gerne auch bei Wahlkämpfen. Dann sind die Parteien besonders kreativ beim Ausdenken verrückter Sachen. Vor der Bayerischen Landtagswahl versprach die CSU zur Förderung des Radverkehrs und als Beitrag zum Klimaschutz die Einführung eines „1-Euro-Radltickets“ im Nahverkehr. Ein Euro pro Fahrt kostet dann die Mitnahme eines Fahrrads in Regionalzügen und S-Bahnen in Bayern – egal wie weit, egal wie oft man umsteigen muss. Tolle Sache, denkt man. Die Partei hat´s drauf! Da kann man nur begeistert zustimmen.
Die gute Nachricht lautet: Das Radlticket ist Wirklichkeit geworden – Wahlversprechen eingelöst! Endlich mal nicht nur geredet, sondern auch gemacht. Ein Beitrag gegen die Politikverdrossenheit.
Die Ironie findet sich allerdings im Kleingedruckten, denn das neue 1-Euro-Radlticket gilt nur … naja, sagen wir mal nur ab und zu und auch nicht überall. Die erste Einschränkung (gültig erst ab 9 Uhr) ist vielleicht noch nachvollziehbar. Man möchte den Platz im Berufsverkehr nicht an Fahrräder verschleudern. Aber es geht weiter: Vom 15. März bis 3. Oktober gilt es an Freitagen nur bis 12 Uhr mittags, also nur drei Stunden lang. Und an Wochenenden im Sommerhalbjahr überhaupt nicht.
Na gut, geschenkt, wir sind ja flexibel. Doch halt: Innerhalb von Verkehrsverbünden (und die haben heutzutage riesige Ausdehnungen) gilt das Ticket grundsätzlich nicht, also nicht mal eben raus an den Stadtrand. Okay, dann fahren wir von München eben an den Inn nach Rosenheim oder in die Frankenmetropole. Geht leider auch nicht, denn bestimmte Strecken und Züge sind ausgenommen, z.B. der Regionalexpress nach Nürnberg, die Strecken nach Hof, Furth im Wald, Kufstein, Salzburg, nach Bayrischzell und zum Tegernsee oder Lenggries. Okay, dann fahren wir von München eben nach Lindau an den Bodensee. Grundsätzlich wäre dagegen nichts einzuwenden, aber Achtung: zwischen Memmingen und Hergatz ist das Ticket auch tabu.
Das 1-Euro-Radlticket also ein Rohrkrepierer? Keineswegs, sagt der Bayerische Verkehrsminister. Er wolle das Ticket ab dem Sommer „weiterentwickeln“. Wo wir dann also wieder bei den Versprechen auf eine bessere Zukunft sind! Wir sind gespannt.
Herresthal Consulting Public Affairs Bike & Mobility
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Deutschland